Geschenke 35 Euro Netto Oder Brutto Steuerliche Regeln
Die korrekte Handhabung von Geschenken an Geschäftspartner und Mitarbeiter stellt im deutschen Steuerrecht eine wiederkehrende Herausforderung dar. Insbesondere die sogenannte 35-Euro-Grenze ist hierbei von zentraler Bedeutung, da ihre Einhaltung maßgeblich über die steuerliche Abzugsfähigkeit entscheidet. Eine präzise Kenntnis der zugrundeliegenden Regelungen ist unerlässlich, um Compliance zu gewährleisten und ungewollte steuerliche Belastungen zu vermeiden.
Diese Freigrenze, verankert im Einkommensteuergesetz, dient dazu, geringwertige Aufmerksamkeiten steuerlich privilegiert zu behandeln. Die entscheidende Frage, ob der Netto- oder Bruttowert eines Geschenks für die Einhaltung dieser Grenze maßgeblich ist, birgt dabei häufig Unsicherheiten, deren Klärung für eine rechtskonforme Anwendung von immenser Bedeutung ist.
Grundlagen der 35-Euro-Grenze für Geschenke
Die steuerliche Behandlung von Geschenken im geschäftlichen Kontext stellt einen wesentlichen Aspekt des deutschen Steuerrechts dar, insbesondere im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe. Die sogenannte 35-Euro-Grenze ist hierbei ein zentrales Element, das die steuerliche Handhabung von Zuwendungen an Geschäftspartner reglementiert und eine klare Abgrenzung zwischen abzugsfähigen Aufwendungen und nicht abzugsfähigen Privatentnahmen schafft. Diese Regelung dient der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens und der Prävention von Missbrauch.
Steuerliche Rahmenbedingungen für die Abzugsfähigkeit von Geschenken
Die steuerlichen Rahmenbedingungen für Geschenke an Geschäftspartner in Deutschland sind primär im Einkommensteuergesetz (EStG) verankert. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG dürfen Aufwendungen für Geschenke, die nicht eine geringfügige Aufmerksamkeit darstellen, den Gewinn nicht mindern, wenn ihr Wert pro Empfänger und Wirtschaftsjahr 35 Euro übersteigt. Diese Freigrenze ist von entscheidender Bedeutung für die betriebliche Praxis, da sie die Grenze zwischen abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben zieht.
Es ist zu beachten, dass diese 35-Euro-Grenze als Nettobetrag zu verstehen ist, sofern der Schenker zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Andernfalls, beispielsweise bei Kleinunternehmern oder steuerbefreiten Organisationen, gilt sie als Bruttobetrag. Die Pauschalversteuerung nach § 37b EStG ermöglicht es dem Schenker, die auf das Geschenk entfallende Steuer für den Empfänger zu übernehmen, wodurch dieser nicht selbst versteuern muss. Dies wird oft genutzt, um dem Empfänger die steuerliche Belastung abzunehmen und die Geste des Geschenks nicht durch einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand zu schmälern.
"Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dürfen den Gewinn nicht mindern, wenn sie je Empfänger im Wirtschaftsjahr den Betrag von 35 Euro übersteigen." (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG)
Diese Vorschrift zielt darauf ab, die Abzugsfähigkeit von Geschenken klar zu definieren und eine steuerliche Ungleichbehandlung zu vermeiden. Für Geschenke an eigene Mitarbeiter gelten hingegen andere Regelungen, wie beispielsweise die Sachbezugsfreigrenze von 50 Euro pro Monat oder die 60-Euro-Grenze für Aufmerksamkeiten zu besonderen persönlichen Anlässen, die nicht unter die 35-Euro-Grenze für Geschäftspartner fallen.
Definition und Abgrenzung von Geschenken im Kontext der Freigrenze
Die Anwendung der 35-Euro-Grenze erfordert eine präzise Definition dessen, was als "Geschenk" im steuerrechtlichen Sinne gilt und was nicht. Die Abgrenzung ist entscheidend, um die korrekte steuerliche Behandlung sicherzustellen und unerwünschte Nachversteuerungen zu vermeiden. Grundsätzlich fallen Sachzuwendungen unter diese Freigrenze, sofern sie den genannten Wert nicht überschreiten und keine Gegenleistung für eine erbrachte Leistung darstellen.Zu den Arten von Zuwendungen, die unter die 35-Euro-Freigrenze fallen können, zählen typischerweise:
- Sachgeschenke wie Bücher, Weinflaschen, Kalender, oder andere Aufmerksamkeiten ohne unmittelbaren Bezug zur betrieblichen Leistung des Schenkers.
- Gutscheine, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und nicht in Bargeld umtauschbar sind. Dies umfasst beispielsweise Einkaufsgutscheine für bestimmte Geschäfte.
- Eintrittskarten für kulturelle oder sportliche Veranstaltungen, sofern diese nicht als Bewirtung oder im Rahmen einer Betriebsveranstaltung zu qualifizieren sind.
Hingegen werden bestimmte Zuwendungen explizit nicht als Geschenke im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG betrachtet und unterliegen somit nicht der 35-Euro-Grenze oder fallen unter andere steuerliche Regelungen:
- Geldgeschenke sind grundsätzlich nicht abzugsfähig und fallen nicht unter die 35-Euro-Grenze. Sie werden als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt.
- Leistungen, die im eigenbetrieblichen Interesse des Schenkers liegen, wie beispielsweise Werbegeschenke mit Firmenlogo, die primär der Förderung des eigenen Geschäfts dienen und einen geringen Wert pro Stück aufweisen (z.B. Kugelschreiber, Feuerzeuge), sind in der Regel unbegrenzt abzugsfähig. Die Abgrenzung zwischen Geschenk und Werbeartikel kann im Einzelfall komplex sein und hängt von der Dominanz des Werbezwecks ab.
- Bewirtungskosten, die für geschäftlich veranlasste Bewirtungen anfallen, unterliegen eigenen Abzugsregelungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) und sind zu 70% abzugsfähig, sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.
- Arbeitsmittel oder Ausstattungsgegenstände, die dem Empfänger zur Erfüllung seiner beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit dienen, werden nicht als Geschenke klassifiziert, sondern als notwendige Betriebsausgaben oder Anschaffungskosten behandelt.
- Aufmerksamkeiten an Arbeitnehmer zu besonderen Anlässen, wie Blumen zum Geburtstag oder ein Präsentkorb zur Hochzeit, fallen unter die separate Regelung für Sachbezüge an Arbeitnehmer und sind bis zu einem Wert von 60 Euro steuerfrei, sofern es sich um geringfügige Aufmerksamkeiten handelt.
Die korrekte Zuordnung ist entscheidend, um steuerliche Nachteile zu vermeiden und die Compliance mit den geltenden Vorschriften zu gewährleisten.
Zweckmäßigkeit und legislative Intention der 35-Euro-Grenze
Die Einführung und Beibehaltung der 35-Euro-Grenze für Geschenke an Geschäftspartner durch den Gesetzgeber ist auf mehrere zentrale Absichten zurückzuführen, die sowohl fiskalische als auch ordnungspolitische Ziele verfolgen. Diese Regelung ist ein Ausdruck des Bestrebens, ein Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit der Förderung geschäftlicher Beziehungen und der Vermeidung von Steuerumgehung oder Missbrauch zu finden.Die Hauptzwecke dieser steuerlichen Regelung aus Sicht des Gesetzgebers sind:
- Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens: Die Freigrenze ermöglicht eine pragmatische Handhabung von geringwertigen Zuwendungen. Ohne eine solche Grenze müsste jeder kleinste Wertzufluss detailliert erfasst und versteuert werden, was einen erheblichen administrativen Aufwand für Unternehmen und Finanzverwaltung bedeuten würde. Die 35-Euro-Grenze schafft hier eine praktikable Bagatellgrenze.
- Abgrenzung von betrieblich veranlassten Ausgaben und Privatentnahmen: Die Regelung dient der klaren Trennung zwischen betrieblich notwendigen Aufwendungen und solchen, die einen privaten Charakter aufweisen oder als verdeckte Gewinnausschüttung interpretiert werden könnten. Geschenke über der Grenze werden als nicht abzugsfähige Aufwendungen behandelt, um eine steuerliche Subventionierung privater Zuwendungen zu verhindern.
- Prävention von Korruption und unzulässiger Einflussnahme: Obwohl nicht der alleinige Zweck, trägt die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Geschenken auch dazu bei, übermäßige Zuwendungen zu unterbinden, die als Bestechung oder unzulässige Einflussnahme interpretiert werden könnten. Durch die fehlende steuerliche Abzugsfähigkeit wird ein finanzieller Anreiz für unverhältnismäßig hohe Geschenke reduziert.
- Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen: Die einheitliche Anwendung der 35-Euro-Grenze für alle Steuerpflichtigen gewährleistet eine faire und konsistente Behandlung von Geschenken. Dies verhindert Wettbewerbsverzerrungen und fördert die Transparenz im Geschäftsverkehr.
- Sicherung des Steueraufkommens: Durch die Nichtabzugsfähigkeit von Geschenken, die den festgelegten Wert überschreiten, wird das Steueraufkommen geschützt. Dies stellt sicher, dass Unternehmen nicht unbegrenzt Ausgaben für Geschenke steuerlich geltend machen können, was die Bemessungsgrundlage für die Körperschaft- oder Einkommensteuer schmälern würde.
Diese legislativen Ziele spiegeln das Bestreben wider, ein ausgewogenes Steuersystem zu schaffen, das sowohl die Bedürfnisse der Wirtschaft als auch die Interessen der Allgemeinheit berücksichtigt.
Dokumentation und Nachweispflichten
Die korrekte steuerliche Behandlung von Geschenken, insbesondere im Kontext der 35-Euro-Grenze, erfordert eine lückenlose und präzise Dokumentation. Diese dient nicht nur der internen Nachvollziehbarkeit, sondern ist auch unerlässlich, um bei Betriebsprüfungen die steuerliche Anerkennung der Aufwendungen als Betriebsausgaben zu gewährleisten und potenzielle Haftungsrisiken zu minimieren. Eine mangelhafte Dokumentation kann zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs führen und im schlimmsten Fall eine Nachversteuerung auslösen.
Erforderliche Dokumentationsschritte und Belege
Um die steuerliche Anerkennung von Geschenken sicherzustellen und die Einhaltung der 35-Euro-Grenze (netto oder brutto, je nach Anwendbarkeit der Umsatzsteuer) zu belegen, sind spezifische Dokumentationsschritte und das Vorhalten geeigneter Belege unerlässlich. Die Finanzverwaltung legt hierbei Wert auf eine klare Zuordnung und Transparenz der Vorgänge. Jede Schenkung muss individuell nachvollziehbar sein, um eine korrekte Abgrenzung von anderen Betriebsausgaben und die Einhaltung der Freigrenze pro Empfänger und Wirtschaftsjahr zu gewährleisten.Zu den notwendigen Schritten und Belegen zählen insbesondere:
- Empfängerbezogene Aufzeichnungen: Für jedes Geschenk muss der Empfänger namentlich und mit seiner Adresse erfasst werden. Dies ist entscheidend, um die Einhaltung der 35-Euro-Grenze pro Empfänger im Wirtschaftsjahr nachweisen zu können. Bei anonymen Geschenken oder Streuwerbeartikeln, die nicht eindeutig einem Empfänger zugeordnet werden können, greift die 35-Euro-Grenze nicht, da sie nicht als Geschenke im steuerlichen Sinne gelten.
- Anlass der Zuwendung: Der Anlass des Geschenks sollte kurz dokumentiert werden, um den geschäftlichen Bezug zu verdeutlichen. Typische Anlässe sind beispielsweise Geschäftsjubiläen, Weihnachten, Vertragsabschlüsse oder die Pflege von Kundenbeziehungen.
- Wert des Geschenks: Der genaue Wert des Geschenks muss erfasst werden, wobei zu klären ist, ob die 35-Euro-Grenze brutto oder netto zu verstehen ist. Dies hängt davon ab, ob der Schenkende zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Für zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer ist die Netto-Grenze maßgeblich, andernfalls die Brutto-Grenze.
- Datum der Zuwendung: Das genaue Datum der Übergabe des Geschenks ist für die zeitliche Zuordnung im Wirtschaftsjahr relevant.
- Belegsammlung: Alle Einkaufsbelege für die Geschenke (Rechnungen, Kassenbons) müssen sorgfältig aufbewahrt werden. Diese Belege dienen als Nachweis des Anschaffungswertes.
- Umsatzsteuerliche Behandlung: Es muss dokumentiert werden, ob für das Geschenk die Vorsteuer gezogen wurde und ob eine pauschale Versteuerung nach § 37b EStG (Einkommensteuergesetz) vorgenommen wurde. Die Pauschalversteuerung ist eine Option für den Schenkenden, die steuerliche Belastung vom Beschenkten fernzuhalten.
Die strikte Einhaltung der Dokumentationspflichten ist die Basis für die steuerliche Anerkennung von Geschenken und minimiert das Risiko von Hinzuschätzungen oder Beanstandungen durch die Finanzverwaltung.
Checkliste zur Einhaltung der 35-Euro-Grenze
Unternehmen und Einzelpersonen, die regelmäßig Geschenke im Rahmen der 35-Euro-Grenze vergeben, profitieren von einer strukturierten Vorgehensweise zur Sicherstellung der Compliance. Die folgende Checkliste bietet einen Überblick über die wesentlichen Punkte, die bei der Vergabe und Dokumentation von Geschenken zu beachten sind, um steuerliche Risiken zu vermeiden und den Betriebsausgabenabzug zu sichern.Bevor ein Geschenk übergeben wird, sollten folgende Punkte geprüft und dokumentiert werden:
- Wurde der Name und die vollständige Adresse des Empfängers erfasst?
- Wurde der geschäftliche Anlass des Geschenks festgehalten?
- Liegt ein gültiger Beleg (Rechnung, Kassenbon) für das Geschenk vor, aus dem der Wert ersichtlich ist?
- Wurde der Wert des Geschenks (ohne Umsatzsteuer, falls vorsteuerabzugsberechtigt, ansonsten mit Umsatzsteuer) geprüft und liegt er unter der 35-Euro-Grenze pro Empfänger im Wirtschaftsjahr?
- Wurde das Datum der Übergabe des Geschenks notiert?
- Wurde die Entscheidung zur Pauschalversteuerung nach § 37b EStG getroffen und entsprechend dokumentiert (falls gewünscht)?
- Wurde die Abzugsfähigkeit der Vorsteuer korrekt geprüft und gegebenenfalls der Vorsteuerabzug vorgenommen oder korrigiert?
- Wurden alle relevanten Informationen (Empfänger, Anlass, Wert, Datum) in einem separaten Verzeichnis oder einer speziellen Software erfasst, um eine kumulierte Übersicht pro Empfänger zu ermöglichen?
- Wurden die Dokumente (Belege, Aufzeichnungen) ordnungsgemäß und entsprechend den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen archiviert?
Werden mehrere Geschenke an dieselbe Person im Jahr zusammengezählt?
Ja, die 35-Euro-Grenze gilt pro Empfänger und Wirtschaftsjahr. Es handelt sich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag. Wird die Summe aller Geschenke an eine Person im Jahr überschritten, ist der gesamte Betrag steuerpflichtig, nicht nur der übersteigende Anteil.
Fallen Geschenkkarten unter die 35-Euro-Grenze?
Ja, Geschenkkarten fallen grundsätzlich unter die 35-Euro-Grenze, sofern sie einen konkreten Sachbezug darstellen und nicht als Bargeldersatz dienen. Entscheidend ist, dass die Karte zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen berechtigt und der Wert der Karte die Grenze nicht überschreitet.
Was ist der Unterschied zu Aufmerksamkeiten oder Werbegeschenken?
Aufmerksamkeiten sind geringwertige Sachzuwendungen bis 60 Euro, die aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses (z.B. Geburtstag, Hochzeit) überreicht werden und nicht der Arbeitsleistung dienen; sie sind steuerfrei. Werbegeschenke sind in der Regel Gegenstände mit geringem Wert (unter 10 Euro), die der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (z.B. Kugelschreiber, Kalender) und nicht als Geschenke im Sinne der 35-Euro-Grenze gelten, da sie keine individuelle Zuwendung darstellen.